Rabia Sorda


2010, 2015, 2019

Foto: Setique

Über jemanden wie Erk Aicrag braucht man eigentlich nicht mehr viele Worte zu verlieren. Als Frontmann der mexikanischen Hardfloor-Legende Hocico hat er die dunkle Seite der Elektronik maßgeblich mitbestimmt, und eine Vielzahl an Nachahmern heraufbeschworen.

Mit „Save Me From My Curse“ veröffentlichte er 2006 endlich die lang erwartete Debüt-EP seines Solo-Projektes … und kaum ein Debüt hat schon bei seiner ersten Ankündigung solche Wellen geschlagen. Rabia Sorda klingt vertraut und doch ganz anders. Hocico-Fans können beruhigt sein, wenn sie hören, dass der Meister nichts von seinem Biss und seiner rohen Energie verloren hat.

Auf dem Longplayer „Métodos Del Caos“, der im November 2006 erschien, setzte er diesen Weg umso konsequenter fort. Wo der Sound bei Hocico in klar abgesteckten Bahnen verläuft, lässt Erk bei Rabia Sorda seiner musikalischen Kreativität freien Lauf. So mischt er Ethno-Einflüsse, treibende Achtziger-Melodien und eine gewisse punkige Rotzigkeit unter seinen elektronischen Molotov-Cocktail, und auch der Gesang darf die Bahnen des reinen Gekreisches verlassen. Rabia Sorda ist ein Hardfloor-Eighties-Electro-Punk-Bastard, mit dem Erk Aicrag seinen Nachahmern zeigt, wo der Hammer hängt … und sich selbst mit Lichtgeschwindigkeit in eine neue musikalische Ära katapultiert. Musik, die spannend und vielschichtig ist, und gleichzeitig voll auf die Zwölf gibt. Mit einem Drummer und einem Keyboarder zum Trio verstärkt, entfaltet Erk mit Rabia Sorda auch live eine unbändige Energie, die in der Electro-Szene Ihresgleichen sucht, was es seitdem auch auf diversen, großen Festivals und Headliner-Touren unter Beweis gestellt hat. Mögen seine Epigonen sich doch ewig an den gleichen Sounds festkrallen … Rabia Sorda hat die Segel in Richtung Zukunft gehisst, und schwimmt damit allem Stumpfsinn davon.

Es heißt ja immer, das zweite Album sei das Schwierigste … auf „Noise Diary“, dem neuen Album des Soloprojektes von Hocico-Front-Shouter Erk Aicrag ist von diesem Klischee rein gar nichts zu merken. Vielmehr hat das mexikanische Energiebündel mit dem Rabia-Sorda-Zweitling ein Album aus dem Ärmel geschüttelt, welches das Debüt in allen Belangen locker toppt. Noch abwechslungsreicher, eingängiger, aber streckenweise auch weitaus aggressiver und druckvoller klingt sein Harsh-Electroclash-Cyberpunk-Hybride Anno 2009. Da bereichert der bekennende Melodie-Junkie seinen Sound in Tracks wie der limitierten vorab-Single „Radio Paranoia“, die im Juni 2009 erschienen ist,einerseits mit rau-eingängigen Elementen, um gleich danach mit den härtesten Brettern aus den Boxen zu schallen, die er jemals unter seinem Solo-Banner aufgenommen hat. Auch stimmlich entpuppt sich Erk als Tausendsassa und nimmt den Hörer mit den aggressivsten Verzerrer-Shouts jenseits von Hocico, rotziger Punk-Attitüde und rau-herzlichen Gesangsmelodien unter sein flächendeckendes vokales Flak-Feuer.
Mit einer druckvollen Produktion von Mischpult-Legende John Fryer, satten Beats und treibenden Bässen ist auch für den nötigen Club-Kick gesorgt, aber daran hätte bei einem Produkt aus der Feder von Erk Aicrag wohl eh’ niemand gezweifelt. Rabia Sorda zementieren mit „Noise Diary“ ihren Anspruch auf den Thron des interessantesten Hard-Electro-Acts der letzten Jahre mit einer Funken sprühenden Mischung aus Melodie und Härte.